London, Januar 2001

Der berühmte Steinkreis von Stonehenge wurde bereits mehrmals zurecht gerückt.

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Voller Ehrfurcht durchstreifen eine Million Touristen in jedem Jahr den Steinkreis von Stonehenge im südenglischen Wiltshire. Sie meinen, in den unberührten Überresten eines mindestens 4000 Jahre alten Tempels zu sein. Nun kann die Frage, wie Menschen es schafften, die gigantischen Megalithen (Großsteine) aufzurichten und auch noch mit fast ebenso großen waagerechten Decksteinen zu krönen, endlich wieder beantwortet werden:
Mit Baggern und Schaufelladern, mit Kränen und anderem schweren Gerät.

Allerdings nicht vor 4000 Jahren, sondern seit Anfang des vergangenen Jahrhunderts. Denn in Stonehenge steht praktisch kein Stein, der nicht seit 1901 mindestens einmal bewegt worden ist. Und die teilweise höchst fragwürdigen Restaurierungen von Stonehenge sind seit 1970 völlig in Vergessenheit geraten. Damals hörte die Denkmalschutzorganisation English Heritage auf, die wundersamen Erneuerungen des alten Steinkreises im offiziellen Handbuch zu erwähnen. Nun hat Brian Edwards eine Geschichts-Doktorarbeit für die Universität Bristol über die "heimliche" Renovierung von Stonehenge veröffentlicht. Das öffentliche Erstaunen über dessen Auflistung der Veränderungen in den Jahren 1901, 1919, 1958 und 1964 war groß. "Praktisch niemand hat eine Ahnung vom Wiederaufbau von Stonehenge in den vergangenen 100 Jahren", sagt Edwards. "Dieses Monument ist keine Schöpfung prähistorischer Menschen mehr." Der leitende Archäologe Dave Batchelor räumte inzwischen ein: "Wenn es die Arbeiten nicht gegeben hätte, dann sähe Stonehenge heute sicherlich ganz anders aus."

Möglicherweise so, wie es der Landschaftsmaler John Constable im Jahre 1835 festhielt: Da stehen nur wenige der 120 Steinblöcke von Stonehenge aufrecht, die meisten sind umgefallen oder stehen gefährlich geneigt. Dies ließ Generationen von Archäologen keine Ruhe: Mit der Begründung, umstürzende Steine könnten zerbrechen oder Menschen gefährden, rückten sie Stonehenge wieder zurecht. Was nicht so stehen wollte, wie es die Experten für original und richtig hielten, wurde in ein solides Betonfundament gesetzt und mit Erde und Gras überdeckt. English Heritage erklärte nun, man werde in einem neuen Führer über die Bewegungen der Steine in den vergangenen 100 Jahren informieren.